Die öffentliche Mission
Corporatiebelang ist ein rechtlicher und politischer Begriff, der dem englischen Ausdruck »corporation interest« entspricht. Es bezieht sich nicht auf die finanziellen oder kommerziellen Interessen einer Wohnungsbaugesellschaft, sondern auf die öffentlichen und sozialen Interessen, die die Gesellschaft gesetzlich zu erfüllen hat. Das niederländische Wohnungsrecht (Woningwet) definiert ausdrücklich, was dieses öffentliche Interesse umfasst. Es ist in erster Linie die Bereitstellung und Verwaltung von bezahlbarem, hochwertigem Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen. Dies ist der Kern des corporatiebelang. Der Begriff umfasst jedoch auch breitere gesellschaftliche Verantwortlichkeiten, wie die Sicherstellung der Qualität und Lebensqualität (leefbaarheid) von Vierteln, Investitionen in Wohnraum für bestimmte vulnerable Gruppen (wie ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen) und einen Beitrag zur Nachhaltigkeit des Wohnbestands.
Dieses Konzept ist entscheidend für das Verständnis der Governance von Wohnungsbaugesellschaften. Der Vorstand und das Management einer Gesellschaft sind gesetzlich verpflichtet, im Dienst dieses definierten öffentlichen Interesses zu handeln. Sie sind nicht frei, wie rein kommerzielle Immobilienunternehmen zu handeln, die Profit maximieren wollen. Ihre Entscheidungen – sei es über den Bau neuer Wohnungen, die Renovierung bestehender Objekte oder die Festlegung von Managementrichtlinien – müssen als im corporatiebelang liegend gerechtfertigt angesehen werden. Dieses Prinzip wird von den Regierungsaufsichtsbehörden durchgesetzt, die die Gesellschaften überwachen, um sicherzustellen, dass sie sich nicht von ihrer sozialen Mission entfernen.
Ein umstrittenes Konzept
Während das Prinzip des corporatiebelang klar ist, war seine praktische Anwendung Gegenstand anhaltender Debatten. Seit Jahrzehnten wurde die Definition breiter interpretiert, was es den Unternehmen ermöglichte, stärker kommerzielle Aktivitäten durchzuführen, wie die Entwicklung teurer Wohnungen im freien Sektor oder kommerzieller Immobilien, mit dem Argument, dass die Gewinne zur Quersubventionierung ihrer sozialen Aufgaben verwendet würden. Doch nach einer parlamentarischen Untersuchung über finanzielles Missmanagement bei einigen Gesellschaften wurde die gesetzliche Definition von corporatiebelang deutlich eingeschränkt. Das Gesetz erzwingt nun eine viel strengere Trennung zwischen den Kernsozialaktivitäten (bekannt als SGEI-Dienstleistungen) und potenziellen kommerziellen Aktivitäten. Die Debatte geht weiter: Soll sich eine Wohnungsbaugesellschaft ausschließlich darauf konzentrieren, die Ärmsten zu beherbergen, oder sollte sie eine breitere Rolle bei der Schaffung von Vierteln mit gemischtem Einkommen spielen? Die Definition des 'Unternehmensinteresse' steht im Mittelpunkt dieser grundlegenden Frage über die Zukunft des niederländischen sozialen Wohnungsbaus.